Fragen und Antworten
Informationen zur Umsetzung der Grundsteuerreform bei der Stadt Renningen
- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Wertermittlung der Grundsteuer in ihrer aktuellen Form für verfassungswidrig erklärte, ist bereits mehr als 6 Jahre her. Die Frist für die administrative Umsetzung endet am 31.12.2024 und wir versenden voraussichtlich in der 1. bzw. 2. Kalenderwoche 2025 die Grundsteuerbescheide nach dem neuen Recht. Um Ihnen die Änderungen in der Grundsteuer so verständlich wie möglich zu machen haben wir „Fragen und Antworten“ für Sie zusammengestellt.
1. Warum war eine Reform der Grundsteuer notwendig?
Da die Einheitswerte in den alten Bundesländern aus dem Jahr 1964 und den neuen Bundesländern aus 1935 stammen, erklärte das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10.04.2018 die Wertermittlung für die Grundsteuer als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Vorgabe an den Gesetzgeber (Bund) war, bis spätestens 31.12.2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen. Frist für die administrative Umsetzung ist der 31.12.2024.
Das Grundsteuerreformgesetz des Bundes wurde dann am 26.11.2019 verkündet.
2. Warum hat Baden-Württemberg jetzt ein eigenes Grundsteuermodell?
Das Grundsteuerreformgesetz des Bundes vom 26.11.2019 beinhaltete eine Öffnungsklausel für die Bundesländer, hierdurch wurden die Bundesländer ermächtigt eigene Grundsteuergesetze zu beschließen. Baden-Württemberg machte hiervon Gebrauch und der Landtag beschloss am 04.11.2020 das Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg. Abweichend zum Bundesmodell hat Baden-Württemberg sich für ein reines Bodenwertmodell entschieden. In Baden-Württemberg spielt somit die Bebauung des Grundstückes keine Rolle mehr.
3. Was ist das modifizierte Bodenwertmodell in Baden-Württemberg?
Bei der Ermittlung der Grundsteuer für das Grundvermögen wählt das Land einen eigenen Weg, der vom Bundesmodell abweicht: So löst das modifizierte Bodenwertmodell die bisherige Einheitsbewertung ab. In Baden-Württemberg müssen die Bürgerinnen und Bürger dabei im Vergleich zu anderen Bundesländern die wenigsten Angaben machen.
Das heißt: Die Bewertung für die Grundsteuer B ergibt sich künftig ausschließlich aus dem Bodenwert. Dafür werden im Wesentlichen zwei Faktoren herangezogen: die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Beide Werte werden miteinander multipliziert und ergeben den sogenannten Grundsteuerwert (bislang Einheitswert). Auf die Bebauung kommt es dabei nicht an.
4. Ermittlung des Grundsteuerbetrages: Wer macht was?
Gutachterausschuss
Für die Bodenrichtwerte sind die unabhängigen Gutachterausschüsse der Kommunen zuständig. Bodenrichtwerte sind durchschnittliche Bodenwerte je Quadratmeter für ein Gebiet mit im wesentlichen gleichen wertbestimmenden Merkmalen. In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Bodenrichtwerte sind keine Verkehrswerte. Bodenrichtwerte dienen der
Transparenz des Grundstückmarktes und sind zudem auch Grundlage der
Verkehrswertermittlung. Grundlage hierfür ist die Kaufpreissammlung der letzten beiden Jahre, daher bildet der Bodenrichtwert das Marktgeschehen ab.
Weitere Informationen zum gemeinsamen Gutachterausschuss von Renningen, Rutesheim und Weissach finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.renningen.de/stadtentwicklung/grundstuecke-immobilien/grundstuecksbewertung/
Telefonische Auskünfte über die Bodenrichtwerte,
Gutachten und Auskünfte aus der
Kaufpreissammlung etc. erteilt die Geschäftsstelle
des Gemeinsamen Gutachterausschusses
Renningen, Rutesheim und Weissach unter
07159/924-167 (Frau Angela Kirsch-Brenner) und
07159/924-134 (Frau Petra Just).
Finanzamt
Das Finanzamt ermittelt den Grundsteuerwert, dieser ergibt sich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert.
In einem weiteren Schritt wird der Grundsteuermessbetrag ermittelt.
Dieser ergibt sich durch Multiplikation des Grundsteuerwertes mit der Steuermesszahl. Grundsätzlich gilt die Steuermesszahl mit 1,3 Promille. Dient das Grundstück überwiegend Wohnzwecken gilt die ermäßigte Steuermesszahl mit 0,91 Promille. Sie erhalten vom Finanzamt einen Grundsteuerwertbescheid sowie einen Grundsteuermessbescheid. Bei beiden Bescheiden handelt es sich um sogenannte Grundlagenbescheide, welche von der Stadt Renningen in Form eines Grundsteuerbescheides (Folgebescheid) umgesetzt werden müssen.
Stadt Renningen
Die Stadt erhält die Daten aus den Grundsteuermessbescheiden durch die Finanzämter übermittelt. Sie wendet den Hebesatz auf die Grundsteuermessbeträge an und ermitteln so die Höhe der jeweiligen Grundsteuer. Anschließend setzt sie die Grundsteuer fest und versendet die Grundsteuerbescheide. Die Stadt ist bei der Festsetzung der Grundsteuer an die Grundlagenbescheide des Finanzamtes gebunden und muss diese in Form eines Folgebescheides (Grundsteuerbescheid) umsetzen. In Renningen werden voraussichtlich die Grundsteuerbescheide zusammen mit einem Informationsblatt in der 1. bzw. 2. Kalenderwoche 2025 versandt. Weitere Informationen zum Thema Hebesatz finden Sie unter Punkt 6.
5. Aufkommensneutralität
Der Begriff der „Aufkommensneutralität“ nimmt Bezug auf die Einnahmenentwicklung aus der Grundsteuer insgesamt, aus der Perspektive der Kommune, nicht jedoch aus der individuellen Perspektive des jeweiligen Steuerzahlers. Dass es zu entsprechenden „Belastungsverschiebungen“ kommen wird, liegt im Urteil des Bundesverfassungsgerichts begründet, welches die bisherige Systematik der Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte.
6. Hebesatz
Mit dem Hebesatz bestimmen die Kommunen, d.h. die Gemeinderäte vor Ort, wie hoch letztlich die Grundsteuerbelastung wird. Durch den Hebesatz hat die Stadt die Möglichkeit, auf das Grundsteueraufkommen insgesamt Einfluss zu nehmen. Dadurch, dass die Stadt nur einen Hebesatz für die Grundsteuer B für das gesamte Gemeindegebiet beschließen kann, hat sie auch keinen Einfluss auf die Belastungsverschiebungen der Grundstücke untereinander. Dass es zu entsprechenden „Belastungsverschiebungen“ kommen wird, liegt im Urteil des Bundesverfassungsgerichts begründet, welches die bisherige Systematik der Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte. Die neue Hebesatzsatzung der Stadt Renningen, welche am 01.01.2025 in Kraft tritt, wurde am 21.10.2024 vom Gemeinderat der Stadt Renningen beschlossen. In Renningen wurde für die Grundsteuer B ein Hebesatz in Höhe von 190 v.H. und für die Grundsteuer A in Höhe von 660 v.H. beschlossen.
Beide Hebesätze wurden aufkommensneutral kalkuliert. Ein geringerer Hebesatz hätte die Folge, dass Renningen künftig weniger Grundsteuereinnahmen hätte. Auf Grund der unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse wie zum Beispiel der Bodenrichtwerte und dem Verhältnis von Gewerbeflächen zu Wohngrundstücken, sind die Hebesätze der Gemeinden miteinander nicht vergleichbar.
7. Einsprüche / Widersprüche
a. Bodenrichtwerte
Der Bodenrichtwert ist der durchschnittliche Lagewert innerhalb der Bodenrichtwertzone, deren Grundstücke nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Folglich ist der Bodenrichtwert kein individueller Grundstückswert eines einzelnen Grundstücks. Gegen diesen Wert der Gutachterausschüsse kann grundsätzlich weder Einspruch beim Finanzamt, noch formal Widerspruch bei der Gemeinde oder dem Gutachterausschuss eingelegt werden. Unabhängig davon stehen den Eigentümerinnen und Eigentümern trotzdem zwei Wege offen, wenn sie mit dem für ihr Grundstück ausgewiesenen Bodenrichtwert nicht einverstanden sind:
Zunächst können sich die Eigentümerinnen und Eigentümer an den jeweiligen Gutachterausschuss wenden. Der Gutachterausschuss prüft dann den Sachverhalt und erläutert seine getroffene Festlegung zum jeweiligen Bodenrichtwert. Sollte es allerdings tatsächlich zu Fehlern gekommen sein, kann der Gutachterausschuss die Grenzen und gegebenenfalls auch den Bodenrichtwert der Bodenrichtwertzonen neu beschließen und damit korrigieren. Dieser neue Wert wird dann der Besteuerung zugrunde gelegt. Ein Einspruch ist hierfür nicht erforderlich.
Sollte der Gutachterausschuss an dem Bodenrichtwert festhalten, und eine Eigentümerin oder ein Eigentümer mit dieser Entscheidung weiterhin nicht einverstanden sein, kann sie oder er ein qualifiziertes Gutachten über den Wert des Grund- und Bodens des individuellen Grundstücks, beispielsweise beim Gutachterausschuss, beauftragen (kostenpflichtig). Mit dem Gutachten müssen die Eigentümerinnen und Eigentümer einen anderen, auf ihr konkretes Grundstück bezogenen Grundsteuerwert nachweisen, der um mehr als 30 Prozent von der Bewertung anhand des Bodenrichtwerts abweicht. Folglich müssen deutliche Abweichungen vom Bodenrichtwertgrundstück vorliegen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Grundstück aufgrund planungsrechtlicher Abweichungen nur eingeschränkt nutzbar ist. Sind die formalen und inhaltlichen Anforderungen erfüllt, wird der Wert der Besteuerung nach Prüfung durch das Finanzamt zugrunde gelegt. Erforderlich hierfür ist ein Antrag beim zuständigen Finanzamt. Die Anforderungen für das Gutachten können dem Merkblatt der Oberfinanzdirektion Karlsruhe entnommen werden.
Das Merkblatt können Sie unter folgendem Link herunterladen:
Eigentümerinnen und Eigentümer können das Gutachten im Rahmen der erstmaligen Feststellung der Grundsteuerwerte, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt ab Antragstellung für die zukünftigen Kalenderjahre vorlegen. Ein Einspruch ist nicht erforderlich. Es reicht ein Antrag bei ihrem Finanzamt und der entsprechende Nachweis mittels Gutachtens.
Telefonische Auskünfte über die Bodenrichtwerte,
Gutachten und Auskünfte aus der
Kaufpreissammlung etc. erteilt die Geschäftsstelle
des Gemeinsamen Gutachterausschusses
Renningen, Rutesheim und Weissach unter
07159/924-167 (Frau Angela Kirsch-Brenner) und
07159/924-134 (Frau Petra Just).
b. Zurechnung (Eigentumsverhältnisse), Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag
Einsprüche welche die Zurechnung eines Grundstückes (Eigentumsverhältnisse), den Grundsteuerwert oder den Grundsteuermessbetrag betreffen, sind gegen die Grundlagenbescheide (Grundsteuerwertbescheid bzw. Grundsteuermessbescheid) beim Finanzamt einzulegen. Ein Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid bei der Stadt ist erforderlich, wenn die Angaben auf dem Grundsteuerbescheid mit den Grundlagenbescheiden des Finanzamtes nicht übereinstimmen. Die Stadt ist bei der Festsetzung der Grundsteuer an die Grundlagenbescheide des Finanzamtes gebunden und muss diese in Form eines Folgebescheides (Grundsteuerbescheid) umsetzen.
c. Grundsteuer
Grundsätzlich sind wir als Stadt an die Grundlagenbescheide des Finanzamtes gebunden und müssen diesen in Form eines Folgebescheides (Grundsteuerbescheid) umsetzen. Lediglich der Hebesatz welcher auf den Grundsteuermessbetrag angewandt wird liegt in der Entscheidung der Stadt. Der Hebesatz wird per Satzung (Hebesatzsatzung) vom Gemeinderat beschlossen. Die neue Hebesatzsatzung der Stadt Renningen, welche am 01.01.2025 in Kraft tritt, wurde am 21.10.2024 vom Gemeinderat der Stadt Renningen beschlossen. Sollten Sie mit der Zurechnung eines Grundstückes (Eigentumsverhältnisse), dem Grundsteuerwert oder dem Grundsteuermessbetrag nicht einverstanden sind, genügt ein Einspruch gegen die Grundlagenbescheide (Grundsteuerwertbescheid bzw. Grundsteuermessbescheid) beim Finanzamt, ein zusätzlicher Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid der Stadt ist nicht erforderlich, da wir im Falle der Abhilfe durch das Finanzamt verpflichtet sind den Folgebescheid ebenfalls zu ändern. Sofern die Eigentumsverhältnisse oder die Festsetzungen auf dem Grundsteuerbescheid der Stadt Renningen mit den Grundlagenbescheiden des Finanzamtes nicht übereinstimmen, haben Sie die Möglichkeit bei der Stadt Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid einzulegen.